Das Ruhestein-Bergrennen von 1946 ist erst durch vier einzigartige Menschen das Event geworden, welches den Neubeginn des deutschen Motorsports einläutete.
Kurt Nitschky ist der Begründer des Ruhestein-Bergrennens 1946. Aber er war nicht nur das. Er war zudem einer der besten Motorradrennfahrer seiner Zeit. Das erste Rennen bestritt Kurt Nitschky 1932 im Alter von nur 19 Jahren auf der Herxheimer Sandbahn. 1935 startete er als Ausweisfahrer bei zahlreichen Bahn-, Berg- und Rundrennen. Der Karlsruher, der am 19. Mai 1913 auch dort zur Welt kam, pilotierte regelmäßig seine schnellen Maschinen auf die ersten Plätze. Der KFZ-Meister unterhielt seit 1938, eine Generalvertretung für Bücker-Motorräder in der Karlsruher Kaiserallee. Aufgrund einer Verletzung, die er sich bei einem Motorradrennen zugezogen hatte, blieb er vom Kriegsdienst verschont. Er unterhält weiter sein Motorradhaus, bis er im Februar 1945 ausgebombt wird. Er bezieht wenige Tage später im sicheren Baiersbronn die Werkstatt von Gottlob Beilharz, der als Soldat im Feld war. Wenige Wochen später besetzen französische Truppen im April das Murgtal.
Der „Nichtsoldat“ Kurt Nitschky gilt bei den Franzosen als unbelastet, von seiner ehemaligen NSKK-Mitgliedschaft (ohne diese Mitgliedschaft hätte er allerdings auch an keinen Rennen nach 1933 teilnehmen können) wissen sie nichts. Er erhält zahlreiche Reparaturaufträge, es entwickeln sich so beste Kontakte zu Entscheidungsträgern der französischen Militärverwaltung. Seine Werkstatt richtet er kurz darauf beim „Schank“ (Reichenbacher Höfe) ein. Bis zu 25 Mitarbeiter soll der Betrieb gehabt haben. Nitschky hatte zudem die Genehmigung Krankentransporte in die Krankenhäuser durchzuführen.
Der Karlsruher war nach den Schilderungen von Zeitzeugen ein „kameradschaftlicher und leutseliger Mann. So gab es ein gutes Klima im Betrieb, für dessen Mitarbeiter er in der schwierigen Hamsterzeit alle Möglichkeiten erschloss und manche Ränke schmiedete zur Umgehung der Kontrollen der Besatzer.“ Nitschky pflegte nach dem Zweiten Weltkrieg sehr schnell wieder seine Vorkriegskontakte, so zu NSU und anderen deutschen Firmen. Rund um Baiersbronn war ihm jeder Weg, jede Straße aufs Engste vertraut. Besonders liebte er die kurvige Bergstrecke in Richtung Ruhestein, die er wie kaum ein anderer kannte. Und so reifte wohl die Idee zur Realisierung eines Bergrennens. Kurt Nitschky ist auch weiterhin in der badischen Landeshauptstadt unternehmerisch aktiv.
1947 gründet er in der Kaiserallee 141-143 sein Motorradhaus wieder. Das „Motorradhaus für jedermann“ errichtete Kurt Nitschky auf den Trümmern seines Hauses. Nur das Kellergeschoss hatte den Krieg überstanden. Einen „Zweigbetrieb“ unterhielt er nach wie vor in Baiersbronn. In jenen Jahren war er weiter auf den bekannten deutschen Rennstrecken aktiv. In Garmisch-Partenkirchen belegte er in der 350er und in der Halbliter-Klasse erste Plätze. Er siegte auf seiner Halbliter NSU 1947 in Hockenheim und wurde zwei Mal deutscher Vizemeister. Im Frühjahr 1949 gab er den Betrieb in Baiersbronn auf. Mit dem Wegzug der Franzosen ging eine wichtige Arbeitsgrundlage zu Ende. Nur zweieinhalb Jahre später, am 17. September 1951, starb Kurt Nitschky für alle überraschend an einer Herzattacke. Der Karlsruher und Begründer des Ruhestein-Bergrennens wurde nur 38 Jahre alt.
Etwas kurios ist es schon, dass ausgerechnet einer der erfolgreichsten deutschen Motorradrennfahrer der Vor- und Nachkriegszeit die verantwortungsvolle Rennleitung für das Ruhestein-Bergrennen übernahm. Natürlich profitierte die Veranstaltung von 1946 ungemein vom Fachwissen von Georg Meier, der bei unzähligen siegreichen Motorradrennen der Vorkriegsära eindrucksvoll hatte beweisen können, dass er auf sehr unterschiedlichen Strecken bestens zurechtkam. Dass der Bayer dazu sowohl auf seiner legendären BMW-Maschine als auch hinter dem Lenkrad fähig war, unterstrich er deutlich mit seinem zweiten Platz auf dem Auto Union-Rennwagen beim Großen Preis von Frankreich 1939.
Insofern war Georg Meier mehr als nur prädestiniert, die Verantwortung für eine klassische Motorsportveranstaltung mit Sport- und Rennwagen sowie Motorrädern zu übernehmen. Dabei kam der „gusseiserne Schorsch“, ähnlich wie Hermann Lang, über eine Mechanikerlehre zum Motorsport. Als Polizist ging er 1933 bei der ersten „2000 km durch Deutschland“ in Baden-Baden für die bayerische Landespolizei an den Start. In den Jahren darauf war Georg Meier von kaum einem seiner Konkurrenten mehr zu schlagen. Bis Kriegsbeginn dominierte er die Halbliterklasse fast nach Belieben. Unsterblich verbunden ist sein Name mit der Tourist Trophy auf der Isle of Man, die er als erster Nichtbrite 1939 in der Halbliterklasse gewinnen kann. Doch warum startete Georg Meier nicht selbst beim Ruhestein-Bergrennen? Seine Antwort: „Nun ja, ich warte noch ein Weilchen, bis es sich rentiert!“
Zu den unbestrittenen Stars des Ruhestein-Bergrennens zählte Hermann Lang, der bereits in den 1930er Jahren auf den legendären Silberpfeilen von Mercedes-Benz von Sieg zu Sieg eilte. Unvergessen sind seine Siege beim Großen Preis von Tripolis, den er drei Mal gewann, oder 1937 sein spektakulärer Triumpf auf der AVUS in Berlin. 1939 das mit Abstand erfolgreichste Jahr des 1909 in Stuttgart-Bad Cannstatt geborenen Schwaben. Er gewann die Grand Prix in Tripolis, in Belgien, in der Schweiz und das Eifelrennen auf dem Nürburgring. Neben den Rundstreckenrennen faszinierten Lang aber auch die legendären Bergstrecken, die für ihn eine besondere fahrerische Herausforderung darstellten. Die Jahre nach 1945 wurden auch für den vom Erfolg verwöhnten Schwaben zu Jahren der Neuorientierung. Als er im Juni 1946 von der SMRV eine Einladung und die Ausschreibung zum ersten Ruhestein-Bergrennen zugesandt bekam, da macht sich zunächst einmal große Enttäuschung breit. Denn Lang besaß kein einsatzfähiges Fahrzeug. Er warf den Brief kurzerhand in den Papierkorb.
Claus von Rücker bot ihm allerdings überraschenderweise das „Mille-Miglia-Coupé“ an. „So blitzartig und postwendend habe ich noch auf keinen Brief reagiert. Wie damals an dem wunderschönen Julitag!“, notierte Lang in seiner 1952 erschienenen Biografie. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Lang nahm das Angebot von Claus von Rücker an und startete nur wenige Tage später in Baiersbronn. Da Mercedes-Benz erst 1951 wieder in das Renngeschehen eingriff setzte Lang in den Nachkriegsjahren auf die Marke „Vanitas“ des damals erfolgreichsten Herstellers von Sport- und Rennwagen in Deutschland. Lang erwarb am Sitz der Firma, dem badischen Muggensturm einen Veritas Meteor. Großartige Erfolge erfuhr sich Lang mit dem fantastischen „300 SL“, gewann 1952 die „24 Stunden von Le Mans“ und wurde Zweiter bei der gefährlichen Carrera Panamericana in Mexiko.