Fastfood von Wald und Wiese
Naturschätze zum Entdecken, Naschen und Heilen. Was kann man eigentlich essen? Wir haben 7 Leckereien mit Zubereitungstipps zusammengestellt.
Marion Fels hat sich auf den Baiersbronner Seensteig begeben und das ungezähmte Herz des Nordschwarzwaldes mit einem Nationalpark-Ranger zu Fuß erkundet. Ein Abenteuertrip mit schwarzen Augen, kahlen Köpfen und wilden Wäldern.
Kein Wunder, dass sich die Menschen früher Geschichten von einer mysteriösen Hand erzählten, die am Grund des zwölf Meter tiefen Sees hauste und Schwimmer in die nasse Finsternis zog. Der Wildsee liegt – wie sein Name schon sagt – inmitten eines dichten Waldes im Naturschutzgebiet „Wilder See – Hornisgrinde“ im Nordschwarzwald. Er ist ein Karsee aus der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren. Aus einer von den Eismassen ausgeschürften Mulde entstand das Seebecken. Im Nordschwarzwald herrscht die größte Kardichte Mitteleuropas. „Diese Seen werden auch die Schwarzen Augen des Schwarzwalds genannt“, erzählt Nationalpark-Ranger Charly Ebel, der mit uns eine Tageswanderung auf dem insgesamt rund 91 Kilometer langen Baiersbronner Seensteig geht.
Von See zu See führt der Baiersbronner Seensteig mitten hinein in den Nationalpark Schwarzwald.
Unsere Etappe auf dem Qualitätswanderweg beginnt morgens bei der Darmstädter Hütte. Von dort aus rollen wir die dritte der insgesamt fünf Etappen von hinten auf, denn Charly hat zur Einstimmung auf das Abenteuer Nationalpark Schwarzwald einen Abstecher zum nahe gelegenen Wilden See geplant. Nach einer 30-minütigen Wanderung erreichen wir einen Steig, der über moosige, feuchte Felsen, hohe Stufen und mächtige Wurzeln hinab zu dem Karsee und mitten hinein in Baden-Württembergs ältesten Bannwald führt. Immer wieder müssen wir über umgestürzte Bäume klettern, die auf unserem Weg liegen. In diesem Wald mit Fichten, Waldkiefern, Tannen und Buchen findet keine Bewirtschaftung statt: Kein Holz wird entnommen, keine Bäume werden angepflanzt. Wanderer haben hier im Bannwald die Möglichkeit, alle Phasen des Wachstums von der Keimung bis zum Verfall zu beobachten. Ebel: „In Mitteleuropa kennen wir fast nur Wirtschaftswälder, das heißt, wir kennen nur die Hälfte des Kreislaufs.“ Es sei wie ein Film, den man immer nur bis zur Hälfte sehe. „Im neu gegründeten Nationalpark Schwarzwald hat man das erste Mal die Chance, diesen Film ‚Natur‘ bis zum Ende zu sehen – mit allen Teilen des Kreislaufs.“ Eine erste Vorschau gewährt der Bannwald „Wilder See“, in dem die Natur seit über 100 Jahren sein darf, was sie will.
So stößt man im Bannwald „Wilder See“ auf Pilze, Insekten und Vögel, die sich andernorts schon ziemlich rar machen. So wie der Dreizehenspecht, der im Schwarzwald lange als ausgestorben galt, jetzt aber langsam wieder heimisch wird. Ein Grund: der Vogel bevorzugt einen Lebensraum mit hohem Totholzanteil, und den findet er hier.
Die Wandertour mit Charly Ebel ist besser als jeder Biologieunterricht. Immer wieder hält er an, lässt mich an Pflanzen oder Pilzen schnuppern. „Pilze sind extrem wichtig für unsere Zivilisation.“ So wird zum Beispiel Penicillin aus einem Pilz gewonnen. Pilze gelten außerdem als die größten bisher bekannten Lebewesen. „Was wir als Pilz bezeichnen, ist nur der Fruchtkörper, der eigentliche Pilz ist viel größer“, erläutert der Ranger. „Wenn man einen Pilz sieht, denkt man: ,Ein kleiner Pilz in einem großen Wald.‘ In Wirklichkeit steht ein kleiner Wald auf einem großen Pilz.“
Wir laufen weiter, und Charly Ebel zeigt uns in den Baumwipfeln einen Tannenhäher. Jeder dieser Rabenvögel legt für den Winter tausende Samenverstecke als Vorrat an. Ohne lange zu suchen, findet er einen Großteil der Verstecke wieder – auch wenn die Samen dann unter einer Schneedecke liegen. „Das ist eine großartige Gedächtnisleistung.“, so Ebel. Auf dem Weg bergab zum Nationalparkzentrum am Ruhestein entdeckt Ebel einen weiteren Waldbewohner: die schwarze Kreuzotter. Die ist zwar giftig, jedoch nicht aggressiv und im Grunde ungefährlich für den Menschen. Diese hier will sich auch lediglich zwischen den Heidelbeersträuchern sonnen.
Unser Weg ab dem Ruhestein führt nun erneut leicht bergauf zum 1055 Meter hohen Schliffkopf. Die offene Grindenlandschaft – Grinde heißt soviel wie kahler Kopf – wurde einst durch Brandrodung geschaffen und später als Weideland erschlossen. Hier oben sieht es nicht mehr nach Schwarzwald aus: Hier wachsen weder Fichten noch Tannen, stattdessen Gräser, Heidekraut und Latschenkiefern.
Nach weiteren eineinhalb Stunden Weg erreichen wir an der Schwarzwaldhochstraße den Lotharpfad, benannt nach dem Orkan Lothar, der 1999 über den Schwarzwald hinwegfegte. Für den Erlebnispfad wurde kein einziger umgestürzter Baum entfernt, vielmehr wurden Holzplanken über und um die liegenden Stämme herumgebaut. So möchte man beobachten, wie schnell sich der Wald von einem derartig extremen Naturereignis erholt. Zuerst war der Wald eine Wüste voller roter, abgestorbener Nadeln; dann war lange alles kahl und grau. „Im vierten Jahr nach dem Sturm grünte es dann endlich wieder“, erinnert sich Ebel, „und die ersten neuen Nadeln reckten sich gen Himmel. Gleichzeitig wurden Baumarten heimisch, die hier oben vorher gar nicht wuchsen. Die Eberesche – auch Vogelbeere genannt – beispielsweise.“
Wir waren gerade einmal 13 Kilometer auf dem Baiersbronner Seensteig unterwegs und haben dabei vier völlig unterschiedliche Landschaften durchquert – jede für sich besonders, wunderschön und beeindruckend. 68 Kilometer des Rundkurses und eine spannende Entwicklung des neuen Nationalparks liegen noch vor uns. Wir sind gespannt – auf den ganzen Kreislauf.
Auf dem Seensteig können Wanderer in fünf Tagen die gesamte Gemarkung Baiersbronns umwandern und dabei unvergleichliche Landschaften entdecken. Er wurde vom Deutschen Wanderverband zu einem der schönsten Wanderwege gewählt.
Naturschätze zum Entdecken, Naschen und Heilen. Was kann man eigentlich essen? Wir haben 7 Leckereien mit Zubereitungstipps zusammengestellt.
Friedrich Klumpp, Baiersbronner Wildpflanzenwirt und Küchenchef im Restaurant Rosengarten, gibt unserem Moderator einen Einblick in die Landschaft der Wildkräuter.
Wer nicht nur physisch, sondern auch literarisch in den Wald eintauchen möchte, hat die Qual der Wahl. Fünf Tipps für den nächsten Waldspaziergang.